«Das Internet kann den Auto-Salon nicht ersetzen»

Der Auto-Salon Genf vom 8. bis 18. März ist eine der wichtigsten Automobilmessen weltweit. Jedes Jahr pilgern rund 700 000 Besucherinnen und Besucher in die Hallen der Palexpo. Generaldirektor André Hefti spricht mit AUTOINSIDE über den bevorstehenden 88. Auto-Salon, über Herausforderungen und über die Zukunft der Halle 7.
 

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André Hefti, Generaldirektor Geneva International Motor Show.
 
SCO. Herr Hefti, worauf freuen Sie sich am Auto-Salon 2018 am meisten?

André Hefti, Generaldirektor Geneva International Motor Show: Auf die Vorstellung der neuen Modelle. Wir haben mehr als 60 Medienkonferenzen, an denen Neuheiten präsentiert werden. Das ist ein starkes Indiz, dass es heuer viel Neues gibt. Zudem freue ich mich wie jedes Jahr auf innovative Standkonzepte.

Welche Trends lassen sich erkennen?
Die Elektrifizierung ist und bleibt ein Thema. An der IAA in Frankfurt hat beispielsweise BMW fast nur Elektrofahrzeuge ausgestellt. Angesichts der CO2-Problematik ist Elektro sicher ein Trend, der uns über das Jahr 2018 hinaus beschäftigen wird. Auch Wasserstoff ist ein Thema – meiner Meinung nach ist Wasserstoff eine der besten Lösungen überhaupt –, nur haben wir hier mit der fehlenden Infrastruktur das gleiche Problem wie bei Elektro. Die Leute haben Angst, dass sie stehenbleiben. Darum ist der Benzinmotor noch lange nicht tot. Auch CNG ist wieder ein Thema. Die Zukunft gehört meiner Meinung nach verschiedenen Antriebskonzepten.

Die automobile Welt befindet sich im Wandel. Wie wirkt sich dieser Wandel auf den Auto-Salon in Genf aus?
Die Digitalisierung macht auch vor dem Salon nicht halt. Natürlich machen wir uns Überlegungen, wie der Salon der Zukunft aussieht. Immer mehr Hersteller stellen auch an Elektronikmessen wie der CES in Las Vegas oder der Mobile World in Barcelona aus.

Elektronikmessen als Konkurrenz zum Auto-Salon?
Nein, das eher nicht. In Las Vegas beispielsweise waren praktisch keine Serienfahrzeuge ausgestellt, sondern nur Konzeptfahrzeuge. Aber die Hersteller sind vor Ort, weil sie und ihre Ingenieure den Input aus dem Silicon Valley suchen. Wir sprechen derzeit mit der IFA in Berlin – dem europäischen Pendant der CES – über eine mögliche Kooperation.

Wie wird diese aussehen?
Die Idee ist, dass wir der IFA das Know-how der Automobilindustrie bringen und die IFA bringt den Elektronikbereich nach Genf. Wir denken dabei an Ausstellungsfläche für die Bereiche Elektronik und Services. Hier besteht im Hinblick auf autonomes Fahren ein enormes Potenzial. Aber wir stehen mit dieser Kooperation noch ganz am Anfang.

Automessen weltweit müssen immer mehr Absenzen von grossen Automarken verkraften. In Frankfurt fehlten zahlreiche Marken, in Genf fehlen Opel und GM…
GM ist ein relativ kleiner Player in Europa, Opel jedoch ist ein anderes Thema: Die Absenz dieser Traditionsmarke bedauere ich sehr. Ich bin überzeugt, dass Opel zurückkehrt, sobald die Integration in die PSA-Gruppe und die damit verbundene Reorganisation abgeschlossen sind.

Wie erklären Sie einem Autohersteller, dass er Genf braucht?
Ich werde oft gefragt, ob es den Salon in zehn Jahren noch gibt. Meine Antwort darauf ist ein klares Ja. Auch höre ich oft, das Internet werde den Salon ersetzen. Das ist Blödsinn. Internet ist eine tolle Sache, um sich Informationen zu besorgen. Aber die Emotionen, die Farben eines Ferrari, die Haptik eines schönen Volants, den Geruch eines Lederinterieurs, all das kann das Internet nicht vermitteln. Den Auto-Salon mit seiner Inszenierung, dem Rampenlicht, vielleicht noch einigen hübschen Hostessen kann das Internet nicht ersetzen. Den Salon wird es auch in zehn Jahren noch geben, aber er wird anders aussehen.

Wie wird er aussehen?
Ich habe leider keine Kristallkugel. Die Megatrends lauten Elektrifizierung, autonomes Fahren, Servicepakete. Vielleicht werden in zehn Jahren weniger Autos, dafür mehr Serviceleistungen angeboten, vielleicht ganze Pakete mit Auto und Service. Sicher wird Elektronik eine grössere Rolle spielen. Brauche ich in zehn Jahren überhaupt noch ein eigenes Auto? Oder bestelle ich mir je nach Bedarf ein Fahrzeug, das dann autonom vor meine Haustüre fährt?

Wenn das in zehn Jahren so ist – braucht es dann noch einen Salon? Die Emotion ist ja mit dem Besitz verbunden…
Individuelle Mobilität wird es auch in zehn Jahren noch geben. Auch beim autonomen Fahren und beim Carsharing braucht es Fahrzeuge. Und was Sie anbieten, das müssen Sie auch zeigen. Ich bin überzeugt, dass der Salon weiter seine Berechtigung haben wird.

Wie entwickeln sich die Verkaufszahlen am Salon?
Die Aussteller sind nicht verpflichtet, uns Zahlen zu nennen. Wir sind auch kein Verkaufssalon, sondern betrachten uns als Schaufenster der Neuheiten. Im Zentrum unserer Aussteller steht die Kundenbindung und -pflege, nicht der Verkauf. Mit Ausnahme der Luxusmarken: McLaren, Aston Martin, Lamborghini, Pagani etc. verkaufen am Salon. Genf ist ein perfektes Pflaster für Luxusautos. Der Salon ist nicht zu gross und der Flughafen nur fünf Minuten entfernt. Wer einen Lamborghini kauft, der reist ja kaum mit dem Velo-Solex an.

Sprechen wir über Halle 7, die seit 2012 rund 50 Prozent ihrer Aussteller verloren hat. Welche Bedeutung hat sie für den Salon?
Sie ist wichtig – für die Messe und für das Autogewerbe. Dass es die Halle 7 braucht, ist meiner Meinung nach unbestritten. Die Frage ist, nach welchem Konzept man dort ausstellen will – lang oder kurz? Dass wir zwei Ausstellungen in Halle 7 haben, macht die Sache für uns kompliziert und etwas unbefriedigend.

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Was würden Sie bevorzugen?
Eine einzige Ausstellung! Ob kurz oder lang, darüber müssen sich die Aussteller in Halle 7 einig werden. Wenn alle sagen, wir wollen die Kurzausstellung, dann machen wir das. Aber es gibt Aussteller, die sagen, dass sie die elf Salontage brauchen, um all ihre Kunden zu betreuen.

Sie sprechen von der ESA.
Nicht nur. Ein kleinerer Aussteller in Halle 7 hat mir letztes Jahr erzählt, er habe in der zweiten Woche mit einem einzigen Kunden 60 000 Franken Umsatz gemacht. Dieser Umsatz wäre ihm entgangen, wenn er in der zweiten Woche nicht mehr da gewesen wäre. 2018 haben wir uns jetzt für die zwei parallelen Konzepte entschieden. Was wir 2019 machen, das ist noch offen.

Gibt es Halle 7 in fünf Jahren noch?
Ich hoffe es, aber auch der Zuliefererbereich wandelt sich rasant.

Was ist schief gelaufen in den letzten Jahren?
Das ist schwierig zu beantworten. Fakt ist, dass der Aufwand für den einzelnen Aussteller sehr gross ist. Elf Tage sind relativ lang, der Personalaufwand ist hoch, der Salon fällt terminlich in eine Phase, in der viel läuft. Auf der anderen Seite schrumpfen die Margen.

Viele Zulieferer veranstalten eigene Messen. Werden diese Hausmessen der Halle 7 den Todesstoss versetzen?
Nein, das glaube ich nicht. An der Hausmesse kann ich meine bisherigen Kunden begrüssen, am Salon habe ich die Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen.

Eine Frage noch zum Nachwuchs: Das Autogewerbe kämpft um Nachwuchskräfte. Was kann der Salon tun, um wieder mehr Jugendliche für Autoberufe zu begeistern?
Wir sind gerne bereit, hier Hand zu bieten. Im Januar war ich an der Brussels Motor Show. Die haben dort in der Ausstellung eine Art Werkstatt aufgebaut, wo sich Jugendliche im Rahmen eines Wettbewerbes messen konnten. Auto Zürich macht mit dem «Brain Village» etwas für die Jungen, was ich sehr gut finde. Für ein solches Projekt würden wir sehr gerne Hand bieten.


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