«Probleme sind zum Meistern da»

KW lanciert BBS Unlimited

«Probleme sind zum Meistern da»

17. März 2023 agvs-upsa.ch – Mit der Übernahme von BBS hat der deutsche Fahrwerksspezialist KW Automotive seit 2021 einen legendären, aber zuletzt insolventen Radhersteller in seinem Portfolio. AUTOINSIDE spricht mit KW-CEO Klaus Wohlfarth darüber, wie er BBS umkrempelt und wie BBS Unlimited Erfolg haben soll.

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Bringt die Traditionsmarke wieder in Schwung: KW-Chef Klaus Wohlfarthm und neue Räderwelt: Das erste BBS-Unlimited-Rad – Design CI-R – passt dank höchster Variabilität auf fast jedes Auto mit Fünflochfelgen. Fotos: KW Automotive

tpf. Herr Wohlfarth, gemeinsam mit Ihrem Bruder Jürgen haben Sie KW zum Weltmarktführer bei Sportfahrwerken, Entwicklungspartner von Autoherstellern, Exklusivlieferanten der Formel 1 und, und, und gemacht. Ist es nicht ein enormes Risiko, die zum dritten Mal insolvente deutsche Rädermarke BBS zu übernehmen? So gross der Name BBS auch einst war …
… und noch heute ist! BBS steht für Erfolge, aber auch Gesellschafterwechsel und Insolvenzen – viel konträrer könnte es kaum sein. Ich hatte mich wie alle gefragt, wieso diese grosse Marke zu ihrem 50-jährigen Jubiläum erneut Insolvenz anmelden musste. Ich habe weitergefragt, dann verstanden, wie es so weit kommen konnte, war auf einmal mit Insolvenzverwaltern im Gespräch und bin wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Sicher ist das ein Risiko. Aber Probleme sind zum Meistern da, und das Problem von heute ist die Chance von morgen.

Was war schiefgegangen im Schwarzwald bei BBS – und wie will die schwäbische KW jetzt BBS umkrempeln?
BBS wollte sich in den letzten 15 Jahren wieder auf den Aftermarket konzentrieren, was aus diversen Gründen nicht gelang: unerfüllte Commitments gegenüber Autoherstellern, Struktur nicht aftermarkettauglich, Kosten nicht wettbewerbsfähig. KW jedoch ist im Aftermarkt zuhause und hat bewusst keine Grosshandelsstruktur, weil wir eng mit dem Fachhandel arbeiten: Loyale Partner und Kundenorientierung haben uns erfolgreich gemacht. Das ist auch unsere Vision für BBS: innovativ, flexibel und wettbewerbs­fähig, um Kundenwünsche zu erfüllen – aber erst müssen wir Produkte dazu haben. Eine grosse Aufgabe, aber mein Ehrgeiz ist ungebrochen.

Wie reagieren Sie, wenn skeptisch gesagt wird: Was weiss KW denn von Rädern?
(Lacht.) Viele sagen: Ach, wieder der Wohlfarth, muss der immer alles verändern? Als ich vor 25 Jahren mit Gewindefahrwerken angefangen habe, haben mich auch alle gefragt, was ich von Fahrwerken weiss. Nichts wusste ich, aber heute sind wir weltweit führend. Wenn ich heute sage, dass wir mit BBS innovativ werden, fragen alle, was ich von Rädern weiss. Nichts. Aber das heisst nicht, dass ich nicht bald alles dazu wissen werde.

Sie wollen mit BBS Unlimited auf die Erfolgsspur zurück. Was steckt dahinter?
Räder waren schon vor 20 Jahren schwierig, Designtrends kommen und gehen. Ich hatte mal KW-Wheels gemacht und mir geschworen, nie mehr Räder zu machen – eigentlich. Das Reizvolle bei BBS aber ist: Wir alle haben im Kopf eine Vorstellung, wie ein BBS-Rad aussieht. BBS braucht neue Designs? Nein, wir haben Designs! Aber hatten für viele Autos keine Räder. Warum? Weil die Parameter sich vervielfacht haben: Radgrössen, Radlasten, Maulweiten, Einpresstiefen, Lochkreise und so weiter. Mit einem Werkzeug kann ich neun Maulweiten fertigen, je Maulweite zehn Lochkreise bohren, die Nabenhöhe mindestens zehnfach ändern. Bei drei Werkzeugen sind das 2700 Varianten – allein in 20 Zoll. Limitierungen, die seither an der Tagesordnung für jeden Hersteller stehen, werden mit dem innovativen BBS-Unlimited-Montagesystem komplett beseitigt, indem konsequent das Rad und die Befestigungsnabe voneinander getrennt werden. Dann kommt der Style: Bisher bestimmte der Hersteller, was schön ist. Ich sage: Wir nehmen alles weg, was nachträglich angebracht wird, bieten nur Grundräder an und zum Beispiel Anfahrschutz, Nabendeckel oder Ventilkäppchen in verschiedenen statt zuvor einer Farbe. Das sind 12920 Kombinationen, multipliziert mit den nun insgesamt 5100 CI-R Grundrädern ergibt das fast 66 Millionen Stücklisten. BBS hatte aber nur 370 Artikel. Deshalb heisst es jetzt BBS Unlimited: Wir bedienen nun nahezu alle Automodellvarianten mit Fünflochfelgen.

BBS Unlimited soll auch sonst innovative Technologien bieten wie zum Beispiel …
… die Lösung des Problems der Mittenzentrierung. Mit zu wenig Toleranz geht das Rad später nie mehr von der Nabe, mit zu viel Toleranz hat es zu viel Luft: Ein Aftermarket-Rad ist zwangsläufig schlechter zentriert. Aber nicht mit BBS Unlimited Fit: Der Zentrierring ist aus glasfaserverstärktem Kunststoff und hat Noppen zum Toleranzausgleich und zentriert perfekt ohne Kontaktkorrosion: Wir haben solche Alltagshürden eliminiert.

Ist denn ein BBS-Unlimited-Rad also auch teurer als ein «normales» Aftermarket-Rad?
Wir begleiten die ganze Customer Journey und sind an der ganzen Wertschöpfungskette beteiligt – und deshalb muss unser Produkt nicht teurer sein. Andererseits gibt es kein vergleichbares Produkt. Ein Beispiel: Bei Ablauf des Leasings bleibt der Aftermarket-Radsatz übrig. Mit BBS Unlimited können Sie ihn auf Ihr neues Auto mitnehmen oder ihn – unsere Räder sind gefragt – verkaufen. Das ist auch eine Frage der Nachhaltigkeit.

Ab wann kann ich BBS Unlimited kaufen?
Ab Frühjahr 2023. Im Moment bilden wir noch unsere Fachhändler – wir suchen weitere! – als BBS-Wheel-Experten aus, damit Sie Räder unproblematisch eingetragen bekommen. Wenn Sie ein BBS-Unlimited-Rad online konfigurieren, bekommen Sie einen QR-Code, der Fachhändler sucht die passenden Reifen und baut die Räder an. Wir als Spezialisten kümmern uns um alles. Sobald das steht, gehen wir in die Kommunikation.

Sie suchen noch Händler. Muss das ein KW-Fahrwerkseinbaupartner sein? Es gibt in der Schweiz ja bereits über 100.
Das muss nicht, aber kann auch der KW-Einbaupartner sein, denn dieses Netzwerk bringt bereits sehr viel mit.

Wie steht es eigentlich um Elektromobilität? Brauchen E-Autos KW-Fahrwerke und BBS-Räder?
(Lacht.) Absolut. Solange ein Auto Räder hat, braucht es ein Fahrwerk – und ein Fahrwerk braucht Räder.
 
BBS – unlimitierte Vielfalt mit BBS Unlimited
BBS Unlimited nennt der 1970 gegründete Räderhersteller BBS aus Schiltach (D) seine neuen Flow-Forming-Räder. Slogan: «Unlimited Fit, Unlimited Style, Unlimited Value». Den Anfang macht das Traditionsdesign CI-R im Lochkreis 5 × 117,5, das mit Nabenadaptern und fahrzeugspezifischen Zentrierringen auf fast alle Autos passt und beim Autowechsel simpel mitwechselbar ist. BBS-Unlimited-High­lights: Individuelle Radkonfiguration ab Werk, Aluminiumlegierungs-Nabenadapter (14 bis 50 mm) zur Adaption auf den Fahrzeuglochkreis, variierbare Einpresstiefe, neue Radschrauben (Stahl oder Titan) zum Toleranzausgleich, neuartige Polyamid-Zentrierringe für beste Zentrierung. Anfangs gibt es das Design CI-R als BBS Unlimited in 19, 20 und 21 Zoll mit Maulweite 8, 8,5, 9, 9,5, 10, 10,5, 11, 11,5 und 12 Zoll; weitere folgen. Das Grundrad ist in acht, der Anfahrschutz in sieben, Ventilkappen in sechs, der Nabendeckel in sieben Deckel- und fünf Logofarben (2D oder 3D) zu haben.

KW – vom Tuningshop zum Weltmarktführer
Mit, wie er sagt, «viel Enthusiasmus, aber wenig Erfahrung», eröffnete Klaus Wohlfahrt (53) 1992 in seinem schwäbischen Heimatstädtchen Murrhardt (D) ein 75-Quadratmeter-Geschäft für Autozubehör mit seinen Initialen: KW Tuning. Später stiess sein Bruder Jürgen hinzu, mit dem er auf Opel Kadett C Rennen fuhr. 1995 kam das erste legale höhenverstellbare Gewindefahrwerk, 1999 das KW-DTC-Rennteam, 2002 der erste (von sieben) Siegen von Rennwagen mit KW-Fahrwerk im 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Marken der KW-Automotive-Gruppe rüsten exklusiv die Formel 1 und NASCAR mit Rädern aus, OEM wie BMW, Mercedes-AMG oder Porsche vertrauen im Kundensport auf KW, und Offroadwerkseinsätze werden mit Reiger unterstützt. KW Automotive («Für jeden Anspruch das passende Fahrwerk») ist heute von Fichtenberg (D) aus weltweit
(z.B. USA) aktiv, neben KW und ST Suspensions zählen AP Sportfahrwerke, Belltech, Reiger Racing Suspension, LSD Doors oder BBS dazu. Hierzulande führt Peter Banz KW Automotive Schweiz in Rotkreuz ZG.
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