Transformationsexperte Ralph Panoff

«Man behandelte Händler wie kleine Buben»

Garagenbetreibende handeln zu oft aus dem Bauch statt aus dem Kopf heraus. Das sagt Ralph Panoff, der sich seit Jahren mit Veränderungen im Autogewerbe befasst. Vor seinem Auftritt am 13. Januar in Bern ­erklärt er auch, wieso die Beziehung zwischen Händler und Hersteller gelitten hat.
Publiziert: 09. Dezember 2025

										«Man behandelte Händler wie kleine Buben»
«Es wäre so einfach, eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu finden»: Ralph Panoff plädiert für mehr Respekt zwischen Herstellern und Garagen. Foto: zvg

Herr Panoff, was macht ein Transformationsexperte eigentlich genau?
Ralph Panoff: Im Wesentlichen geht es darum, Veränderungen in einem Geschäft oder einem Businessmodell zu antizipieren, zu verstehen und daraus Massnahmen abzuleiten, um die Veränderungen im Alltag zum Leben zu erwecken. Denn auf dem Papier sieht vieles logisch aus. Je stärker man sich aber Richtung operative Ebene bewegt, desto klarer wird, dass es eben nicht so einfach ist wie zunächst angenommen. 

Das heisst, Sie sind selbst in den Garagen vor Ort und coachen? 
Als ich COO bei der Amag war, stand zunächst ein grosser Verlust zu Buche – als ich das Unternehmen verliess, resultierte aus den mit den Garagenverantwortlichen und Mitarbeitenden umgesetzten Verbesserungen ein schönes Plus. 2013 machte ich mich nicht ganz freiwillig selbstständig und habe in meiner neuen Rolle in der Beratung zahlreiche Betriebe vor Ort analysieren dürfen. Das ist nötig und wichtig, um herauszufinden, wie ein System funktioniert und wo es allenfalls Luft nach oben gibt.

Am Tag der Schweizer Garagen im Januar sprechen Sie über versteckte Kostenblöcke. Was dürfen die Gäste im Saal von Ihnen erwarten? 
Ich möchte die Teilnehmenden dafür sensibilisieren, wie wichtig es ist, Wahrnehmung und Fakten in Einklang zu bringen. Etliche Führungskräfte – übrigens nicht nur im Autogewerbe – haben ein subjektives Bild davon, wo in ihrem Betrieb die Probleme liegen. Zahlen und Daten erzählen jedoch meist eine andere Geschichte. 

Viele Garagen agieren also statt faktenbasiert aus dem Bauch heraus?
Das passiert, ja. Sie meinen: Wenn viele Autos auf dem Vorplatz für die Werkstatt bereitstehen, läuft es gut. Aber dieser Eindruck täuscht. Entscheidend sind Produktivität, Effizienz und Fakturierbarkeit. Wer nicht effizient genug arbeitet, braucht mehr Personal für die Abarbeitung des Geschäfts, hat dadurch höhere Personalkosten und verliert teils massiv an Marge. Da bringt selbst ein voller Vorplatz wenig. Ich gebe Ihnen ein weiteres Beispiel: Wenn Verkäufer 1 pro Jahr 100 Fahrzeuge verkauft und Verkäufer 2 «nur» 50, heisst das nicht automatisch, dass Verkäufer 2 schlechter als Verkäufer 1 ist. Wenn Verkäufer 2 komplett neue Kunden aufbauen muss und Verkäufer 1 einen grossen, bestehenden Kundenstamm hat, dann sollte Verkäufer 1 vielleicht 120 Fahrzeuge verkaufen können.

Wichtig ist also, die Zahlen richtig zu interpretieren?
Ja. Es geht darum, zu verstehen, warum die Zahlen so sind, wie sie eben sind. Was sind die Ursachen, was die Unterschiede? Wie stehe ich im Vergleich zum Wettbewerb? Nur so lassen sich die richtigen Massnahmen ableiten. 

Wie eigenständig sind gerade kleinere Garagen in jenem Konstrukt und welchen Einfluss haben die Hersteller? 
Der Einfluss von Herstellern und Importeuren ist «gewaltig». Es existieren Vorgaben bezüglich Qualität, Standards, Margen oder Ziele, um nur einige Faktoren zu nennen. All das schränkt die unternehmerische Freiheit natürlich enorm ein. Diese Konstellation wird sich aus meiner Sicht auch in absehbarer Zeit kaum ändern. Der Hersteller gibt den Takt vor. Dessen sollte man sich bewusst sein, anstatt mit den Tatsachen zu hadern. Die gute Nachricht ist: Das heisst nicht, dass man nur tun soll, was Hersteller und Importeur vorgeben. Innerhalb dieses engen Korsetts gibt es Spielräume. Und die gilt es konsequent zu nutzen.

Die Spielregeln, von denen Sie sprechen – wie haben sich diese in den letzten Jahren verändert? 
Vor langer Zeit war die Beziehung zwischen Hersteller und Händler partnerschaftlicher. Seit einigen Jahren höre ich allerdings vermehrt, dass Kontrolle und Bürokratie dominieren. Die Garagistin oder der Garagist darf aus ihrer bzw. seiner Optik nur noch die Fahrzeugübergabe inszenieren. Das ist meines Erachtens völlig falsch. Erfolg schafft man nur, wenn beide am gleichen Strick ziehen, wenn beide vom Geschäft vernünftig leben können und sich ergo respektvoll begegnen. Dann gewinnen alle: Hersteller, Händler – und am Ende somit die Kundinnen und Kunden. 

Sie würden also sagen, das Verhältnis zwischen Garagen und Importeuren ist angespannt?
In vielen Fällen: ja. Ich habe in meiner Laufbahn mehr als einmal erlebt, wie Händler auf Veranstaltungen des Herstellers wie kleine Buben behandelt wurden. Das ist alles andere als motivierend. Würden sich die Garagisten jedoch ernst genommen fühlen, wäre ihre Identifikation mit der Marke um einiges grösser, und sie würden sich noch mehr für die Marke engagieren. Es wäre so einfach, eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu finden. 

In Ihrer Keynote im Berner Kursaal bringen Sie auch die «operative Exzellenz» ins Spiel. Was meinen Sie damit? 
Zwei Dinge: Erstens muss deutlich werden, wie die jeweiligen Bedürfnisse meiner Kundinnen und Kunden aussehen, also welchen Mehrwert ich ihnen biete. Der zweite Punkt betrifft die Effizienz. Nutze ich meine Ressourcen optimal? Ein Mechaniker, der doppelt so lange für einen Auftrag benötigt wie sein Kollege, halbiert die Wertschöpfung. Damit soll kein Druck aufgesetzt werden, da geht es schlicht um Klarheit. Darum, Prozesse zu begreifen, um sie optimieren zu können.

Bloss arbeiten nicht sämtliche Mitarbeitenden in einem Betrieb gleich schnell.
Absolut, das ist normal, Menschen sind verschieden. Deshalb braucht es Führung, Entwicklung und Weiterbildung. Schwächen sollen erkannt, Stärken gezielt eingesetzt werden. Operative Exzellenz entsteht selten über Nacht. 

Was sollen die Garagistinnen und Garagisten aus Ihrem Referat mitnehmen?
Jeder will nur noch Chef sein, fühlt sich unterbezahlt und wäre lieber strategisch tätig. Wir müssen aber wieder lernen, uns um das operative Geschäft zu kümmern. Wer das schafft, wird nicht Opfer der Transformation, sondern Gestalter. 

 

Tagung nicht verpassen!

Noch nicht angemeldet für den «Tag der Schweizer Garagen»? Dann unbedingt einen der letzten Plätze für die 20. Tagung am Dienstag, 13. Januar 2026, im Berner Kursaal sichern.

Die Tagungsgebühr inklusive Lunch: Für AGVS-Mitglieder CHF 330.– zuzüglich MWST. Für Nichtmitglieder: CHF 380.– zuzüglich MWST.

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