Reportage von der SwissSkills-Qualifikation

Die Reise an die SwissSkills hat begonnen

Vergessen Sie den Samstags-Krimi im Fernsehen: Action und Spannung bietet auch das Autogewerbe. Am Samstag, 5. Juli, bestritten in der Berner Mobilcity 36 Talente aus der ganzen Schweiz die Qualifikation um 20 SwissSkills-Startplätze.
Publiziert: 07. Juli 2025

Von

Timothy Pfannkuchen


										Die Reise an die SwissSkills hat begonnen
Höchste Konzentration: An der Qualifikation in der Berner Mobilcity war von den 36 Proband:innen das Beste gefragt, um sich für die 20 SwissSkills-Startplätze zu qualifizieren. Fotos: AGVS-Medien

Mal ehrlich: Wir alle haben Vorurteile. Wie man zum Beispiel jene gegenüber der «Generation Z» wunderbar loswird? Willkommen zur Qualifikation für die SwissSkills (17. bis 21. September, s. Box) in der Berner Mobilcity! Hier wetteifern 36 Automobil-Mechatroniker:innen der Fachrichtungen Personenwagen und Nutzfahrzeuge im Alter von 19 bis 21 Jahren am Samstag um 20 SwissSkills-Startplätze. Trotz bestem Badi-Wetter hoch fokussiert, hoch konzentriert – und hoch talentiert.

Beworben hatten sich um die 36 Startplätze 56 Talente mit der Mindestnote 5,0, weshalb die Teilnehmendenzahl noch nach Kriterien wie Notenschnitt reduziert werden musste. «Diese hohe Zahl belegt, wie attraktiv die Autoberufe für junge Menschen sind», sagt Olivier Maeder, AGVS-Geschäftsleitung, Bereich Bildung. «Wir sind stolz auf die jungen Menschen: Hier messen sich die Besten. Wir freuen uns, dass wir als AGVS und als Autoberufe-Team dazu beitragen dürfen.»

Anspruchsvolle Arbeitsposten

Vier anspruchsvolle Posten à 20 Minuten gilt es zu meistern. Da will etwa ein Pannenfahrzeug mit mehreren Defekten zum Starten überredet oder ein Motorbauteil ausgemessen sein. Dies unter Zeitdruck, mit dem richtigen der zu Wahl stehenden Werkzeuge und Diagnosegeräte, mit dem besten Vorgehen, der besten Technik – und mit Erfolg. Manch Freundin oder Freund oder auch Angehörige fiebern vor Ort mit. Oder leiden mit – denn in Gesichtern der Prüflinge widerspiegelt sich, wie es läuft. Manche hektisch, die meisten bedacht; die einen verkörpern Stress pur, die anderen die Ruhe selbst. Verzweiflung (wenn der Opel zwei Minuten vor Schluss nicht anspringt) und Triumph (wenn er 13 Sekunden vor Schluss doch anspringt) liegen nah beieinander. Dann schlägt Markus Schwab, Automobiltechnik und Prüfungen beim AGVS und hier der Organisator, die grosse Glocke im Ausbildungzentrum. Das war’s! Szenenapplaus von Expert:innen und Gästen.

Mehr Aufgaben als Zeit

Während pausierende Probanden draussen eine Runde am «Töggelikasten» spielen, nehmen wir in der nächsten Runde den Getriebeposten unter die Lupe: Ein Getriebe soll geöffnet und wieder geschlossen werden – zweimal. Tönt profan, aber: Verwenden die Prüflinge das geeignetste der Werkzeuge und den Drehomentschlüssel richtig? Wie gehen sie vor? Haben sie dazugelernt, sind beim zweiten Mal schneller? Dann will noch ein fies tief abgebrochener Gewindeschneider aus einem Gewinde herausoperiert sein. Alles in 20 Minuten? Uff! Das ist Absicht: Die Aufgaben sind kaum zu meistern – denn so lassen sich die Wettbewerbs-Topshots herausfiltern. Und das dient auch der Vorbereitung: Die SwissSkills legen in Sachen Schwierigkeitsgrad und Daueranspannung eine Schippe drauf. Gibt es eigentlich Kandidat:innen, bei denen hier und heute fast gar nichts klappt? «Nein», sagt Markus Schwab, «es sind schon genau die richtigen Teilnehmenden hier.»

«Nimmst du teil, hast du schon gewonnen»

Über die Proband:innen wacht das gestrenge Auge von 14 Expert:innen, fast alle mit Erfahrung an internationalen Berufsmeisterschaften. Zwei Beispiele: An einem der drei Getriebeposten bewertet Sophie Schumacher, WorldSkills-Gold-Gewinnerin 2024. An einem der mit Defekten präparierten Opel Nevio Bernet, Silber an den WorldSkills 2024. Wieso machen sie mit? «Damit es weitergeht», betont Schumacher, «es braucht Engagement, um es weiterzutragen.» Juckt es die Champions nicht, nervösen Kandidaten einen Tipp zu geben? «Natürlich», sagt Schumacher schmunzelnd. «Da übersieht einer ein Werkzeug, und du denkst: Mensch, nimm den Hammer! Aber natürlich sagen wir nichts.» Nevio Bernet fügt an: «Ich finde es spannend, neue Herangehensweisen zu sehen.» Und fügt an: «Verlieren kannst du nicht: Nimmst du hier teil, hast du schon gewonnen.»

«Mut zur Entscheidung haben»

Was sagen denn die Teilnehmenden? Wir befragen nach dem Zufallsprinzip später einen jener 20 Automobil-Mechatroniker, die sich qualifiziert haben. «Die schwierigsten Momente sind jene, wenn du zwei Lösungswege siehst. Dann musst du Mut zur schnellen Entscheidung haben», sagt Andri Hofer. Für den 19-Jährigen werden die SwissSkills fast ein Heimspiel: Er arbeitet um die Ecke der BernExpo im Merbag-Nutzfahrzeug-Zentrum und war bereits als Zuschauer an den SwissSkills. Hatte er Angst, hier zu scheitern? «Nein, denn ich habe ja nichts zu verlieren. Schaffe ich es, habe ich mehr erreicht als alle anderen, die gerne dumme Sprüche klopfen. Schaffe ich es nicht, war es eine wertvolle Erfahrung.» Das Ziel? «Natürlich jetzt die SwissSkills – und dann die WorldSkills!»

Die besten unter den Besten

Zuvor ist Hofer wie weitere 19 Qualifizierte von Olivier Maeder auf die Bühne gerufen worden: «Die 20 Qualifizierten kommen aus allen Landesteilen und repräsentieren damit die gesamte Schweiz», betont Maeder. Zudem vergibt der Geschäftsleiter Bildung dreimal drei Podestplätze. Die Top Drei der Fachrichtung Personenwagen: Justin Thierry Reinhardt (1. Platz), Janik Schumacher (2.) und Luca Santoro. Die Top Drei bei den Nutzfahrzeugen: Ivo Krähenbühl (1.), Evan Pauchard (2.) und Leon Taramarcaz (3.). Die Tagesbesten unter allen: Ivo Krähenbühl (1.), Justin Thierry Reinhardt (2.) und Janik Schumacher (3.). Präsente für Siegertypen gibt es aus Siegerhänden: Nebst Sophie Schumacher und Nevio Bernet übergibt Florent Lacilla (WorldSkills-Gold 2022) die Geschenke. Am Ende dankt Olivier Maeder noch ein weiteres Mal ausdrücklich allen Sponsoren (siehe Grafik unten): «Ohne diese tolle Unterstützung wäre all dies gar nicht möglich.»

Typisch Autogewerbe: Nach Ehrungen und Applaus dominiert geselliges Miteinander – und das ganz ohne bittere Mienen der Nichtqualifizierten und ohne unsichtbare Röstigräben: Tessiner parlieren mit Ostschweizern, Berner Automobil-Mechatroniker stossen mit Experten aus der Romandie an. Schön! «Wenn ihr Jahrgang 2006 oder jünger seid, ist es wichtig, zu wissen: Ihr dürft ein zweites Mal teilnehmen!», informiert Olivier Maeder mit einem Seitenblick auf Bernet und Schumacher. Beide hatten zwei Anläufe genommen, ehe sie an den SwissSkills und später den WorldSkills abräumten: Wahre Champions erkennt man daran, dass sie niemals aufgeben.

Holen Sie sich Ihr SwissSkills-Ticket!

Vom 17. bis 21. September 2025 finden in der BernExpo die Schweizer Berufsmeisterschaften SwissSkills mit über 120'000 Besuchenden statt. Über 1100 junge Berufsleute treten in über 90 Berufen an – darunter die 20 Automobil-Mechatroniker. Gut zu wissen: Am Sonntag finden keine offiziellen Wettkämpfe statt, doch beim AGVS (Halle 2.2, Stand 020) inoffizielle Wettkämpfe. Auch gibt es Berufsdemonstrationen zu Automobil-Fachmann:frau Nutzfahrzeuge und Personenwagen, Detailhandelsfachmann:frau Automobil Sales und Automobil After-Sales sowie Kaufmann:frau Automobil-Gewerbe. Tickets gibt es online für 15 Franken (Jahrgang 2003 oder jünger gratis).

Alle Infos und Tickets

Diese 20 Automobil-Mechatroniker haben sich qualifiziert und werden an den SwissSkills teilnehmen.

Diese 20 Automobil-Mechatroniker treten an den SwissSkills an

Ron Bezold, Beckenried NW, Personenwagen
Samuele Calderari, Purasca TI, Personenwagen
Pirmin Grob, Gettnau LU, Personenwagen
Lars Hayoz, Bonnefontaine FR, Personenwagen
Andri Hofer, Burgdorf BE, Nutzfahrzeuge
Silvan Jörg, Utzigen BE, Personenwagen
Fabian Keser, Büsserach SO, Personenwagen
Ivo Krähenbühl, Triengen LU, Nutzfahrzeuge
Xavier Moreau, Saint-Julien en Genevois (F), Personenwagen
Louis Oberson, Donatyre VD, Nutzfahrzeuge
Evan Pauchard, Ponthaux FR, Nutzfahrzeuge
Elias Polster, Grenchen SO, Nutzfahrzeuge
Carlo Portenier, Aeschi BE, Nutzfahrzeuge
Lukas Portner, Uebeschi BE, Personenwagen
Justin Thierry Reinhardt, Frenkendorf BL, Personenwagen
Luca Santoro, Roveredo GR, Personenwagen
Janik Schumacher, Hergiswil bei Willisau LU, Personenwagen
Noel Sterchi, Hofstetten BE, Personenwagen
Leon Taramarcaz, Chamoille VS, Nutzfahrzeuge
Lorenz Walker, Elgg ZH, Personenwagen

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