IAA Mobility 2025 in München

Diese Messe kommt zum Volk

Die IAA zeigte heuer dreierlei: Klassische Hallenmessen sind zwar auch in München kein Brüller mehr, doch frische Erlebniskonzepte wie die City-Messe ziehen beim Publikum – und ein Hybrid-Kleinwagen weckte mehr Interesse als alle Elektroneuheiten. Ein Rundgang und Rückblick.
Publiziert: 25. September 2025

Von

Timothy Pfannkuchen


										Diese Messe kommt zum Volk
Mitten in München: Die IAA in der Stadt (hier der BMW-Stand mit dem iX3 der «Neuen Klasse») zog enorme Besuchermengen an. Foto: IAA Mobility

Nein, danke: Weder wollen wir das Bundesland Brandenburg als Investitionsstandort kennenlernen noch Selfies mit dem Maskottchen eines südkoreanischen Start-ups schiessen. Doch solche Fragen bekommt gestellt, wer sich am IAA Summit genannten Teil der IAA Mobility in München in die spärlicher besuchten der nur sechs gefüllten Hallen des riesigen Messegeländes verläuft. Dort wirft sich sichtbar vereinsamtes Standpersonal uns mitunter regelrecht entgegen. Unser erster Gedanke: In den Hallen ist die IAA nun also eine Fachbesuchermesse, einfach ohne Fachbesucher. Aber Moment: So tot ist die IAA keineswegs.

Wo in den Hallen namhafte Marken und Zulieferer Neuheiten und Software, Radar und Lidar und viele E-Komponenten zeigen, ist angemessen Betrieb. Wobei die neuen Machtverhältnisse der Autowelt deutlich werden: Denso ist da strahlender als VW unterwegs und Google hier deutlich grösser als Mercedes. An automobilen Weltpremieren fehlt es zwar nicht – aber am umtriebig-feierlichen Autosalon-Genf-Feeling umso mehr: Nur Journalisten und Damen im Kostüm und Herren mit Krawatte reichen nicht, es fehlen die «normalen» Besuchenden. Die Antwort, ob das Zukunft hat, gibt der andere IAA-Teil, mitten in der City.

Gewaltiger Andrang in der City

Denn die gute alte Internationale Automobil-Ausstellung IAA, gegründet 1897 und seit dem Wechsel von Frankfurt nach München 2021 IAA Mobility genannt, ist jetzt zweigeteilt. Was in der Messe München an Atmosphäre fehlt, gibt es im sogenannten IAA Open Space im Herzen der Stadt. Selbst ein Nieselregen zwischendurch lichtet den Andrang kaum. Da wird geduldig Schlange gestanden beim Lokalmatador BMW, um den iX3 als erstes Modell der «Neuen Klasse» zu besichtigen und Gratis-Kaffee abzustauben. Da werden eifrig Hauben und Türen am neuen GLC auf dem pompösen Mercedes-Stand geöffnet und geschlossen und wird das Merchandising-Store geplündert. Bei VW dreht sich alles um ID.Polo und T-Roc. Sogar Zulieferer sind da, nur einfach im Rundum-Mobilitäts-Stadtformat: Bosch zeigt hier nicht die Elektroauto-Komponenten oder Bremsbeläge, sondern E-Bike-Antriebe. Dazwischen kann auch allerlei Probe gefahren werden (12’000 Testfahrten sind es am Ende) – so wenig es in dem Verkehrschaos der Sperrung wichtiger Verkehrsachsen für die IAA auch Sinn machen mag. Aus China sind 100 Firmen da, darunter 30 Fahrzeughersteller: Kennen Sie Aito oder Linktour? Bayrische Bürgerinnen und Bürger, viele Touristen und Horden von Medienschaffenden und Social-Media-Menschen mustern hier all die Denzas, GACs, Leapmotors oder Xpengs. Wir fanden den Plug-in-Kombi BYD Seal 6 DM-i Touring interessant: Die Europäer mustern klassische Kombis zunehmend zugunsten der SUV aus, doch ausgerechnet aus dem Nicht-Kombi-Land China kommt ein neuer. Auch Togg ist da. Nicht aus China, sondern der Türkei.

Ein Kleiner zieht ganz gross

Besonders gross scheint der Andrang der Besuchenden bei einem Kleinwagen, der verblüffenderweise nicht elektrisch, sondern «nur» als Hybrid kommt: Anfang 2026 startet der meistverkaufte Kleinwagen Europas (und Schweiz-Bestseller der Marke) durch, die überaus schick eingekleidete sechste Auflage des Renault Clio. Soll es vollelektrisch sein, hat Renault dafür R4 und R5 im Programm. Auf Nachfrage sagt Renault-CEO Fabrice Cambolive: «Als wir die Zwei-Säulen-Strategie beschlossen haben, war uns klar, dass wir trotzdem sowohl regulatorische Auflagen wie Kundenanforderungen erfüllen müssen. Der EV-Zuwachs fällt schwächer aus als erwartet, also müssen wir flexibel bleiben. Bis jetzt scheint unsere Strategie zum Beispiel im Kleinwagensegment aufzugehen.» Sprich: Der Markt will es so – und mit dem neu entwickelten, 158 PS starken Hybrid und mit 3,9 l/100 km respektive 89 g/km CO2 machen CO2-Strafen offenbar nicht zu viel Sorgen. Produktperformance-Vorstand Bruno Vanel ergänzt: «Der Trend geht zum Hybrid.» Dies sei schlicht auch eine Preisfrage. «Die höheren Restwerte des Hybrids sind ein wichtiger Faktor. Nur dann sind monatliche Raten so tief, dass das Auto erschwinglich bleibt.» 

Gigantische Stände in der City

Unter den Ständen fällt uns neben Mercedes (ein gigantischer beleuchteter Kühlergrill dient als Fassade) vor allem Porsche ins Auge: So gross haben wir das Markenwappen noch nie gesehen und diese Premiummarke selten so volkstümlich: Überall gibt es Sitzbänke, Getränke, Snacks, Giveaways – und für die Kids ein Kinderkarussell. Sehr schick auch der Auftritt von Cupra im typischen Markenstil, und Opel hat, geht man nach dem Andrang am Stand, offenbar einen Lauf. Unter den Neuheiten fällt uns im laborartigen Polestar-Pavillon (stylisch besetzt mit jungen Menschen in Laborkitteln) der neue Polestar 5 besonders ins Auge. Irgendwie hatte dem Geely-Volvo-Ableger nach dem glücklosen Polestar 1 lange ein echtes Topmodell im Programm gefehlt. Jetzt ist eines da und macht als rasanter GT einen auf Eindruck. 

Typisch bayerische Atmosphäre

Zwischendurch erspähen wir Szenen, wie sie nur München zu bieten hat: An einem kleinen Stand direkt neben den Automarken präsentiert eine Gewürzverkäuferin im Dirndl ihr Angebot, als sei Wochenmarkt. Ein paar Meter weiter werden in einem Biergarten Weisswürste an süssem Senf und Brezeln gevespert, dazu ein Bier und Musterung der an Ständen erbeuteten Gratis-Gadgets. Das Interesse der jungen Generation am Auto erlischt? Nichts da – oder zumindest nicht hier: Die Jugend drängt sich um Sportwagen, nimmt an Mitmach-Events teil und schiesst Millionen von Selfies für Social Media. Und am Rande laufen auf Bühnen Konzerte, Talks mit Formel-1-Stars, Politiker schauen vorbei – und wer sich einfach gar nicht für das Thema Auto interessiert und eher zufällig durch die Gratis-IAA schlendert, kann neben E-Trottis und E-Bikes mitten im IAA-Trubel den neuen S-Bahn-Zug bewundern, wie er 2028 den Münchener Nahverkehr bewegen wird.

Am Ende kommen Zahlen: Die IAA verkündet, 750 Ausstellende mit 350 Premieren aus 37 Ländern und eine halbe Million an Besuchenden (darunter 69’000 in den Hallen) seien es gewesen. Und am Ende kommt auch unser Fazit: Wer mit der Zeit geht und den Erlebnischarakter stärkt, hat offensichtlich eine Zukunft. Das gilt für Autohersteller – und offenbar auch für Automessen. Die nächste IAA ist vom 7. bis 12. September 2027.

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