Schweizer Autogewerbe bleibt in Wartestellung

Im Konjunkturausblick für das Schweizer Autogewerbe 2026 im Auftrag des AGVS präsentiert BAK Economics ein Bild gedämpfter Stabilität. Nach einem wiederholt schwierigen Jahr 2025 rechnet das unabhängige Basler Wirtschaftsforschungsinstitut auch 2026 nur mit einer leichten Verbesserung. Die Konsumentinnen und Konsumenten bleiben zurückhaltend, die wirtschaftliche Unsicherheit dauert an. Die rekordtiefe Inflation sorgt hingegen für stabile Realeinkommen. Für die Gesamtwirtschaft erwartet BAK Economics ein Wachstum von 1,2 Prozent im laufenden und 0,9 Prozent im kommenden Jahr.
«Garagisten, die im Occasionsgeschäft Vertrauen aufbauen und im Aftersales-Bereich mit Effizienz und Fachkompetenz überzeugen, können auch in einem verhaltenen Marktumfeld erfolgreich bleiben.»
Christian Wyssmann, Geschäftsführer AGVS
Hauptbelastung seien die US-Importzölle auf Schweizer Produkte, die sich mit bis zu 39 Prozent negativ auf Exporte auswirken. Dennoch profitierten die Konsumentinnen und Konsumenten von günstigen Energiepreisen und Senkung des Referenzzins-Satzes. Die Inflation bleibt laut den Prognosen von BAK Economics mit 0,2 Prozent im Jahr 2025 und 0,3 Prozent 2026 auf historisch tiefem Niveau. Und die Schweizer Arbeitslosenquote dürfte zwar von 2,9 auf 3,3 Prozent steigen, doch sollen die Realeinkommen um 1,4 Prozent zunehmen. Die verhaltene wirtschaftliche Entwicklung prägt auch das Schweizer Autogewerbe: 2025 ist der Neuwagenhandel laut aktueller Prognose abermals rückläufig. Im Vergleich zu 2024 werden laut BAK Economics bis Ende Jahr rund 3,1 Prozent weniger Fahrzeuge neu immatrikuliert. Derweil sinkt der Marktanteil klassischer Verbrenner weiter: Weniger als ein Drittel aller Neufahrzeuge werden noch mit Benzin- oder Dieselmotor verkauft. Den grössten Anteil erreichen weiterhin Voll- und Mildhybride, gefolgt von Benzinern, reinen Elektroautos sowie Plug-in-Hybriden.
Konsumentenunsicherheit noch gross
Für 2026 rechnet BAK Economics mit einem leichten Anstieg der Neuzulassungen um 0,5 Prozent. Dieses minimale Wachstum geht ausschliesslich auf den Zuwachs bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben zurück. Die Nachfrage nach Verbrennern werde weiter sinken. Der Bericht verweist darauf, dass die Unsicherheit der Konsumentinnen und Konsumenten nach wie vor gross sei, sowohl hinsichtlich der Wirtschaftslage als auch der Entwicklung des Fahrzeugmarkts selbst.
«Der Neuwagenmarkt erholt sich abermals nicht und wird sich auf einem niedrigeren Niveau als vor 2019 einpendeln.»
Thomas Rücker, Direktor Auto-Schweiz
Thomas Rücker, Direktor von Auto-Schweiz, ordnet die Ergebnisse ein: «Mit diesem Ausblick bestätigen sich die allgemeinen Verunsicherungen für Bürger als auch Unternehmen. Der Neuwagenmarkt erholt sich abermals nicht und wird sich auf einem niedrigeren Niveau als vor 2019 einpendeln. Dadurch wird der Fahrzeugbestand weiter altern und das aktuelle Durchschnittsalter von 10,5 Jahren künftig noch ansteigen.» Das führe dazu, dass die Kunden weiterhin in den Unterhalt investierten und das Aftersales-Geschäft nochmals an Bedeutung zulege, während der Neuwagenmarkt mit vielfältigen Angeboten werbe, aber nicht wesentlich erstarke. «Wichtig wird damit eine umfassende Kundenberatung, um zeitwertgerechte Reparaturen oder Investitionen in das bisherige Fahrzeug zu fördern», so Rücker.
Chinesische Marken drücken Preise
Die Preisentwicklung im Neuwagenmarkt bleibt laut dem Report stabil. Nach einem Rückgang um 1,5 Prozent im Jahr 2024 sinken die Preise 2025 laut Prognose noch um 0,8 Prozent. Für 2026 erwartet BAK Economics eine leichte weitere Abnahme um 0,4 Prozent. Sollte der Eintritt chinesischer Hersteller mit günstigeren Modellen zunehmen, könne dieser Rückgang stärker ausfallen. Der Occasionsmarkt folgt laut BAK Economics einer verhalten positiven Entwicklung. Im Jahr 2025 steigen die Halterwechsel laut Prognose um rund 1 Prozent; für 2026 wird ein weiteres Plus von 1,3 Prozent erwartet. Das Wachstum ist weiterhin getragen von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben, deren Anteile auf dem Gebrauchtwagenmarkt deutlich zulegen. Hinsichtlich der Preisentwicklung erwartet das Wirtschaftsforschungsinstitut nach einem Rückgang von 4,2 Prozent im Jahr 2024 für das laufende Jahr ein Minus von 4,1 Prozent und für 2026 nochmals von 3,5 Prozent. Besonders stark fielen die Preise für vollelektrische Occasionen, deren technologische Entwicklung schnell voranschreite.
«2026 wird ein anspruchsvolles Jahr, in dem Innovation, Anpassungsfähigkeit und Beharrlichkeit die zentralen Erfolgsfaktoren sein werden.»
Markus Hesse, Mitglied des Zentralvorstandes und Präsident der Markenkommission des AGVS
Christian Wyssmann, Geschäftsführer des AGVS, sieht hier Chancen für gut aufgestellte Betriebe. «Der aktuelle Konjunkturbericht zeigt, dass die Neuwagenzulassungen in den kommenden Jahren auf tiefem Niveau verharren dürften. Damit liegt das Potenzial weiterhin klar im Fahrzeugbestand. Garagisten, die im Occasionsgeschäft Vertrauen aufbauen und im Aftersales-Bereich mit Effizienz und Fachkompetenz überzeugen, können auch in einem verhaltenen Marktumfeld erfolgreich bleiben. Wichtig ist, jede erbrachte Leistung konsequent und korrekt abzurechnen – nur so lassen sich die Kosten decken und lässt sich ein gesunder Betriebserfolg sicherstellen.»
Stabile Preise dämpfen Wachstum
Das Werkstattgeschäft bleibt damit eine tragende Säule des Autogewerbes: Der alternde Fahrzeugbestand führt zu anhaltend hoher Auslastung. BAK Economics prognostiziert für 2025 und 2026 ein nominales Umsatzwachstum von jeweils 2,4 Prozent. Das Umsatzwachstum im Werkstattgeschäft fiele weniger stark aus als in den Vorjahren, was jedoch nicht auf eine geringere Nachfrage, sondern auf stabilisierte Preise bei Ersatzteilen und Werkstattleistungen zurückzuführen sei. Markus Aegerter, AGVS-Geschäftsleitung für den Bereich Branchenvertretung, konstatiert: «Ein schwächeres Wirtschaftswachstum bedeutet grundsätzlich eine gewisse Kaufzurückhaltung, insbesondere bei grösseren Investitionen wie Fahrzeugen.» Das Risiko liege also in einem weiterhin gedämpften Neuwagenabsatz, vor allem im Privatkundensegment. «Gleichzeitig sehen wir Chancen im Bereich der Werkstattdienstleistungen, Occasionen und Flottenbetreuung: Wenn Kunden ihre Fahrzeuge länger behalten, steigt der Bedarf an Service, Reparaturen und Ersatzteilen.» Zudem bleibe die Mobilität auch bei moderaterem Wachstum ein Grundbedürfnis. Viele Haushalte und Unternehmen müssten ihre Fahrzeugflotten ohnehin erneuern, etwa im Hinblick auf Energieeffizienz oder Nachhaltigkeit. «Das bietet Chancen für Garagenbetriebe», so Aegerter.
Günstiges Umfeld für Entscheidungen
«Angesichts der anhaltend verhaltenen Konsumentenstimmung blicken wir mit entsprechend vorsichtigem Optimismus auf das Jahr 2026», sagt Markus Hesse, Mitglied des Zentralvorstandes und Präsident der Markenkommission des AGVS. Die tiefe Inflation und die sich allmählich stabilisierende Wirtschaftslage könnten laut Hesse grundsätzlich ein günstiges Umfeld für Investitions- und Konsumentscheidungen schaffen. «Dennoch bleibt die Kaufzurückhaltung vieler Haushalte spürbar – insbesondere bei grösseren Anschaffungen wie Fahrzeugen. Eine merkliche Verunsicherung prägt weiterhin das Konsumverhalten», so Hesse. Er führt aus: «Für das Schweizer Autogewerbe rechnen wir daher nochmals mit einem Marktvolumen im Rahmen des laufenden Jahres. Gleichzeitig werden höhere Betriebskosten, ein zunehmender Preisdruck sowie der strukturelle Wandel hin zu alternativen Antrieben und neuen Mobilitätsformen die Branche weiterhin fordern.» Entscheidend werde sein, wie gut es den Betrieben gelinge, auf die sich wandelnden Verhältnisse des Marktumfeldes zu reagieren. «Insgesamt erwarten wir ein anspruchsvolles Jahr 2026, in welchem Innovation, Anpassungsfähigkeit und Beharrlichkeit die zentralen Erfolgsfaktoren sein werden», sagt Hesse.
Alternative Antriebe im Occasionsmarkt
Welche Erkenntnisse aus dem diesjährigen Konjunkturausblick sind für Garagistinnen und Garagisten besonders relevant? Julian Burkhard, Projektleiter bei BAK Economics, sagt: «Während die alternativen Antriebe im Neuwagenmarkt bereits etabliert sind und die Verbrenner immer weniger Bedeutung haben, beginnt diese Entwicklung im Occasionsmarkt erst richtig zu greifen.» Die Bedeutung alternativer Antriebe werde im Occasionsmarkt im nächsten Jahr sicher weiter zunehmen. Auch ihr Anteil im gesamten Fahrzeugbestand steige stetig. «Sowohl die Neuimmatrikulationen als auch die Halterwechsel von Verbrennerfahrzeugen dürften im nächsten Jahr weiter rückläufig sein, während sie bei den alternativen Antrieben zunehmen», so Burkhard.
«Während die alternativen Antriebe im Neuwagenmarkt bereits etabliert sind, beginnt diese Entwicklung im Occasionsmarkt erst richtig zu greifen.»
Julian Burkhard, Projektleiter BAK Economics
Im Rückblick auf die Prognosen von BAK Economics aus dem Vorjahr zeigt sich, dass die Entwicklung im laufenden Jahr schwächer verlief als erwartet. Statt eines prognostizierten Wachstums von 1,3 Prozent bei den Neuzulassungen und 2,2 Prozent bei den Halterwechseln rechnet das Wirtschaftsforschungsinstitut nun mit einem Rückgang von 3,1 Prozent im Neuwagenmarkt und einem Zuwachs von rund 1 Prozent im Gebrauchtwagensegment. Julian Burkhard erklärt: «Die Schweizer Wirtschaft hat sich 2025 schlechter entwickelt als erwartet. Besonders die unberechenbare Zollpolitik der USA macht der Schweizer Wirtschaft zu schaffen. Zusätzlich hat sich deshalb auch die Unsicherheit im globalen Wirtschaftsgeschehen verschärft, was sich auch auf die Konsumentenstimmung auswirkt. Dadurch haben sich die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten besonders im ersten halben Jahr nochmals deutlich zurückhaltender gezeigt.» Im dritten Quartal 2025 zeige sich jedoch eine Verbesserung, die darauf hindeute, dass die Verbesserung der Lage der Konsumentinnen und Konsumenten nun mit einiger Verspätung auch im Automarkt anzukommen scheine.
«Viele Haushalte und Unternehmen müssen ihre Fahrzeugflotten erneuern, etwa im Hinblick auf Energieeffizienz oder Nachhaltigkeit. Das bietet Chancen für Garagenbetriebe.»
Markus Aegerter, Mitglied der AGVS-Geschäftsleitung
Insgesamt zeigt der Konjunkturausblick 2026, dass das Schweizer Autogewerbe in einer Phase der Konsolidierung bleibt. Der Strukturwandel hin zu alternativen Antrieben schreitet voran, während der Neuwagenmarkt weiterhin von Zurückhaltung geprägt ist. Occasionshandel und Werkstattgeschäft bilden auch 2026 die tragenden Säulen der Branche.
Konjunkturausblick 2026
Der vollständige Konjunkturausblick für das Schweizer Autogewerbe 2026 von BAK Economics steht hier zum Download bereit.