Integrationsvorlehre kommt an
«Die sechs Teilnehmer sind lernbegierig und einsatzfreudig»
25. Januar 2019 autoberufe.ch – Seit letztem Sommer geben AGVS-Garagisten Geflüchteten mit F- oder B-Bewilligung die Chance, eine einjährige Integrationsvorlehre zu absolvieren. Im Kanton Zürich sind fünf AGVS-Garagisten involviert – und vom neuen Angebot überzeugt. Auch das Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Zürich zieht ein positives Zwischenfazit, wie Melanie Aardalsbakke im Interview verrät.
Melanie Aardalsbakke: Mit den bisherigen Fortschritten sind wir zufrieden. Alle sechs Teilnehmer im Berufsfeld Automobil haben Fortschritte erzielt und die Lernziele weitgehend erfüllt oder teilweise gar übertroffen.
Welche Fähigkeiten weisen die Absolventen nach einem halben Jahr vor?
Die Teilnehmer haben sich die Grundfertigkeiten des Berufsfelds angeeignet, die im Kompetenzprofil vorgesehen sind. Diese reichen von der Fahrzeugpflege über die Reifenmontage bis hin zu Wartungsarbeiten. Die Kompetenzen werden im Betrieb und in Praxiskurstagen gelernt und geübt. In der Schule arbeiten die Teilnehmer an den beruflichen Begriffen, verbessern ihr Schriftdeutsch und eignen sich Lernkompetenzen an, die sie für den schulischen Teil der Lehre brauchen werden.
Was kommt bis Ende der Vorlehre im August zum Erfahrungsschatz dazu?
Für das zweite Halbjahr der Vorlehre haben sich alle Teilnehmer zusätzlich auf Basis des Kompetenzprofils persönliche Ziele gesetzt, an denen sie mit Unterstützung der Lehrpersonen arbeiten werden.
Welche Rückmeldungen erhielten Sie von den beteiligten Garagen zum Projekt?
Von den beteiligten Garagen haben wir bisher sehr gute Rückmeldungen erhalten. Es läuft bei allen gut bis sehr gut.
Weshalb sind die Absolventen der Integrationsvorlehre für die Garagisten ab nächstem Sommer interessante Anwärter auf eine Grundbildung?
Die Teilnehmer zeigen in der Regel eine hohe Motivation, sind sehr lernbegierig und einsatzfreudig. Die sechs Teilnehmer der Automobilklasse machen auch eine grosse Identifikation mit dem Berufsfeld deutlich. Zudem bringen sie Lebens- und Arbeitserfahrung mit, die sie in die Arbeitstätigkeit einfliessen lassen.
Haben weitere Garagisten Interesse angemeldet, ab kommendem August eine Integrationsvorlehre anzubieten?
Mit einigen Garagen, die Interesse zeigen, sind wir in Kontakt. Konkrete Anmeldungen von Ausbildungsplätzen gab es aber – im Gegensatz zu anderen Berufsfeldern – erst wenige. Daher freuen wir uns über weitere Anmeldungen von Garagen, denn das Interesse für das Berufsfeld ist bei den potenziellen Teilnehmern der Integrationsvorlehre, die sich bei den Berufsinformationszentren anmelden, sehr gross. Interessierte Betriebe aus dem Kanton Zürich können sich beim Mittelschul- und Berufsbildungsamt unter mba.zh.ch/integrationsvorlehre melden.
Weshalb lohnt es sich für AGVS-Mitglieder, auch eine Integrationsvorlehre anzubieten?
Für die Integrationsvorlehre läuft die Rekrutierung über die Berufsinformationszentren. Die Berufsberater klären bei interessierten Kandidatinnen und Kandidaten das Potenzial für eine Lehre sowie die Motivation und den Berufswunsch ab. Geeignete Kandidaten werden dann den angemeldeten Betrieben für eine Schnupperlehre vorgeschlagen. Somit lernen die Betriebe ohne Rekrutierungsaufwand gute, interessierte Kandidaten kennen. Bestandteil der Integrationsvorlehre Automobil sind bereits die Grundlagen der Berufskunde und Praxiskurstage. Das Ziel nach einem Jahr ist der Übertritt in eine reguläre EBA- oder EFZ-Lehre, im Idealfall natürlich im gleichen Betrieb. Dadurch gewinnen die beteiligten Betriebe einen motivierten Lernenden, der den Betrieb und die Arbeitsabläufe bereits kennt und eine Basis in der Berufskunde mitbringt.
Haben auch AGVS-Mitglieder in anderen Kantonen die Möglichkeit, sich bei einem solchen Projekt zu engagieren?
Die Integrationsvorlehre ist ein nationales Pilotprojekt, bei dem sich 18 Kantone beteiligen. Es werden nicht in allen Kantonen die gleichen Berufsfelder angeboten. Neben dem Kanton Zürich bieten die Kantone Solothurn und Wallis das Berufsfeld Automobil an. Da es denkbar ist, dass die Teilnahme in diesem Berufsfeld ab dem Schuljahr 2019/20 auch in anderen Kantonen möglich ist, empfehlen wir den interessierten Betrieben, sich beim Berufsbildungsamt ihres jeweiligen Kantons zu informieren.
Hamid Sohraabs Aussichten in der Küry Park Side AG sind gut
So möchte die Audi-Garage dem jungen Mann im kommenden Sommer – sollte alles klappen – gar eine Lehrstelle anbieten. «Ich finde, man sollte nicht von Anfang an zu allen Nein sagen», bilanziert der Automobilkaufmann. «Menschen, die sich integrieren wollen, müssen wir im Berufsleben eine Chance geben», betont er. «Ausserdem gibt es keine Verpflichtung, falls es für beide Parteien nicht passt», motiviert er, dem Integrationsprojekt eine Chance zu geben.
Eyub Osman packt bei Pneu Egger in Uster an
«Er arbeitet motiviert, wir sind bisher sehr zufrieden», sagt Frank Bucher der bei Pneu Egger in Uster Eyub Osman zur Seite steht. Der Eritreer sei gut integriert, die Verständigung klappe ebenfalls gut. «Manchmal müssen wir die Zusammenhänge ein wenig ausführlicher erklären, aber das ist nötig und gut», ergänzt Bucher.
Shyar Kanbar stellt bei Pneu Egger in Hinwil die Weichen
So darf er kommenden August dank einer Lehrstelle als Reifenpraktiker EBA bleiben. Kristoffy: «Wir sind überzeugt, dass er durch die Unterstützung in der Integrationsvorlehre gut auf die Lehre vorbereitet sein wird.»
Mebrhatom und Hossein packen in der F. + Ch. Müller AG an
Die Garage F. + Ch. Müller AG hat an beiden Standorten Unterstützung von Integrationslernenden erhalten: Mebrhatom Gebremeskel aus Eritrea (rechts) arbeitet in Steinmaur, ...
.... Hossein Mohammadi aus Afghanistan (links) in Sünikon. «Es ist in meinen Augen wichtig, diese jungen, lernwilligen Leute unbedingt zu integrieren und ihnen diese Möglichkeit zur Verfügung zu stellen», sagt der Verantwortliche Ivan Delle Donne:
Matiwas hilft in Morf's Pneuschopf
«Wie bei einem Lernenden: Es steht und fällt mit der Person», sagt Raphael Morf, Inhaber von Morf's Pneuschopf in Bauma. «Mit Matiwas Alazar habe ich einen jungen Eritreer mit tollem Charakter bei mir, den ich sehr schnell selbstständig arbeiten lassen konnte.»
Neu ist für Morf jedoch die soziale Rolle, die er im Umgang mit dem Integrationsvorlernenden einnimmt: «Man ist eine Mischung aus Ausbildner und Ersatzpapa.»